Basilika St. Kunibert
10.00 Uhr Kunibertsklostergasse 2
Die jüngste der zwölf großen romanischen Kirchen Kölns wurde 1247 – ein Jahr vor der Grundsteinlegung des gotischen Domes – geweiht. Sie vereinigte Stift und Pfarrei in einem Gebäude, was sich auch in der Gestaltung des Geläuts niederschlug. Während das Stiftsgeläut im Westturm hing, befand sich das deutlich kleinere Pfarrgeläut im Dachreiter auf dem Südflügel des Westquerhauses.
Unter Verwendung von zwei älteren Glocken wurde das Stiftsgeläut 1773 durch den bekannten aus Malmedy stammenden Glockengießer Martin Legros neu gegossen. Im Gegensatz zu dem etwa zur gleichen Zeit entstandenen Geläut von St. Severin wählte man in St. Kunibert keine melodische, sondern eine harmonische Disposition in Form eines Dreiklangs, wie er bereits seit über einem Jahrhundert unweit in St. Mariä Himmelfahrt existierte.
Den Einsturz des Westturmes 1830 überstand das Stiftsgeläut unbeschadet, da es zuvor abgenommen worden war. Den zweiten Einsturz in Folge der Zerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg überstanden die beiden großen Glocken ebenso, während die kleine Ewaldiglocke unterging.
Von den beiden Pfarrglocken aus dem Dachreiter entging die größere Kirspelglocke zusammen mit der Uhrzimbel der Kriegszerstörungen im Keller des Pfarrhauses, wo sie nach dem ersten Einsturz des Westturms aufbewahrt waren. Die kleinere Kirspelglocke war 1840 an die Elendskirche verkauft und verbrannte dort bei der Zerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg.
Beim Wiederaufbau von St. Kunibert nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte man sich zunächst auf den dem Rhein zugewandten Ostteil und das Langhaus. Als provisorisches Geläut wurden daher die erhaltenen beiden kleinen Glocken aus dem Keller des Pfarrhauses zusammen mit zwei von Petit & Gebr. Edelbrock neugegossenen im südlichen Chorflankenturm aufgehängt, während die beiden großen erhaltenen Stiftsglocken von 1773 in der Kirche aufgestellt waren.
Mit der – kontrovers diskutierten und in Form von Kompromissen entstandenen – Wiederherstellung des Westquerhauses und des Westturms wurde das Geläut von St. Kunibert zu Beginn der neunziger Jahre neu formiert. Martin Seidler konzipierte hierzu die Wiederherstellung des alten Stiftsgeläuts und erweiterte es um drei Instrumente, welche in der historischen Rippenkonstruktion von Martin Legros durch Koninklijke Eijsbouts gegossen wurden. Allein die große Bourdon-Glocke wurde in einer Rippe nach François und Pieter Hemony gefertigt.
Nach dem des Domes ist das nunmehr zehnstimmige Geläut von St. Kunibert das größte und umfangreichste der Stadt und auch im Erzbistum. Durch die Verzahnung von rekonstruiertem und erweitertem Stiftsgeläut mit dem wiederhergestellten Pfarrgeläut des Dachreiters sowie den dazwischenliegenden neuen Glocken des Provisoriums ergibt sich eine ungewöhnliche Gesamtdisposition mit vier aufeinanderfolgenden Ganztonschritten („Liszttonleiter“ oder „Rimski-Korsakow-Tonleiter“).
Technische und musikalische Daten:
Darüber hinaus befindet sich im Westturm der Basilika noch ein 1992 von Petit & Fritsen gegossenes 13-stimmiges Glockenspiel.
Vorführung:
- f1/ + des1 (Legros-Glocken)
- g2/ + e2 (Pfarr- oder Kirspelglocken)
- b0 (Neuguss in Legros-Rippe)
- f0 (Neuguss in Hemony-Rippe)
- Tutti aller 10 Glocken mit der kleinsten Glocke beginnend