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Die Glocke in der Kunst

Die Glocke ist auch in der Kunst oft gewürdigt worden. Die ausgewählten Bilder sind nur eine Andeutung der Vielfalt und der Themen.

Eine der frühesten Darstellungen der Glocke in Verbindung mit ihrem Verkündigungsauftrag finden wir im Evangeliar von St. Médard, einer Pergamentmalerei aus der Hofschule Karls des Großen zu Beginn des 9. Jahrhunderts. Das Bild zeigt den Lebensbrunnen mit vier Rehen, welche die Evangelisten verkörpern. Das Detail zeigt ein Reh mit einer Glocke, dem akustischen Symbol der Verkündigung, um den Hals.

In vielen mittelalterlichen Handschriften entdecken wir immer wieder Glöckchen und Glocken. Auf einer farbenprächtigen Buchmalerei aus Padua mit der Initiale E sehen wir König David, wie er mit äußerster Konzentration die Glocken spielt. Ministranten oder Musikschüler schauen ihm interessiert zu. Die Glocken auf diesem Bild geben die Form der Glocken des 14. Jahrhunderts sehr wirklichkeitsnah wieder.

Dem Stundenbuch des Herzogs von Berry aus dem 15. Jahrhundert ist der Ausschnitt mit dem läutenden Engel entnommen, der die Empfängnis Mariens verkündet. Engel werden in vielen mittelalterlichen Schriften mit Glocken dargestellt. Engel künden meist am Rande des Geschehens von dem Ereignis, das im Zentrum des Bildes dargestellt wird.

Der Teufel hat als ehemaliger Engel, der durch die Sünde zum Teufel wurde, in der Kunstgeschichte die Glocke einfach mitgenommen. Offenbar will und kann er sich nur schwer von ihr trennen, da er um die Macht der Glocke und ihr Einwirken in die Tiefe des Menschseins weiß. Auf einigen Bildern wirft er mit Steinen nach der Glocke, schlägt mit einem Pickel auf sie ein oder unternimmt die unterschiedlichsten Versuche, um sie zu zerstören.

Besonders "beliebt" war bei den Künstlern das Thema die Glocke und der Tod. Wir kennen Darstellungen u.a. von Albrecht Dürer und Pieter Bruegel. Mit dem Titel unseres Bildes "Pestilence" nennt William Blake auch die Krankheit der hinfällig am Boden liegenden Frauen. Der Tod läuft in Gestalt eines schwarz gekleideten Mannes durch die Szene. Eine in ein grau-blaues Totenhemd gekleidete Frau bäumt sich auf und scheint die auf dem Bild zu lesenden Worte gen Himmel zu schreien: "Lord have mercy on us".

Eine der frühesten Darstellungen von Glockenturm und Glocken auf dem Mosaik in S. Ambrogio, Mailand, entstand vom 4. bis 12 Jh. - Detail Glockenturm.

Die Darstellungen der Glocke im Krieg liegt in der "Beliebtheitsskala" nur knapp hinter dem Thema Tod. Arnold Böcklins Bild "Der Krieg" zeigt das ganze Entsetzen in der Haltung der Pferde und in den Gesichtern der Reiter. Der Tod mit der Sense macht reiche Ernte. Sein Pferd, auf dem er reitet, trägt um den Hals eine Glocke, die Glocke des Todes, wie bei vielen Malern – vor allem bei Albrecht Dürer – öfter zu sehen.

Die Verkündigung, aber auch das Läuten für Frieden und Freiheit war zu allen Zeiten Auftrag der Glocke. Die Freiheitsglocke von Philadelphia, gegossen im Jahre 1753, läutete während der Freiheitskämpfe und einige Zeit vor der Unabhängigkeitserklärung die neu gewonnenen Freiheitsrechte ein. Das Bild von J.L.G. Ferris zeigt die Prüfung der Glocke und den feierlichen ersten Anschlag.

Die Montage der Sigismundglocke wurde, wenn wir dem Maler Jan Matejko glauben dürfen, zu einem Fest für das Königshaus und die Bevölkerung von Krakau.

Jan Matejko, Montage der Sigismund-Glocke im Wawel zu Krakau, Öl auf Leinwand, 94 x 189 cm, Warschau, 1874, Muzeum Narodowe w Warszawie

Nicht nur in der Zauberflöte oder in anderen Opern spielen Glöckchen und Glocken eine Rolle. Für das "Triadische Ballett" schuf Oskar Schlemmer seine Figurine "Der Abstrakte". In der rechten Hand ist die Glocke mit einem viel zu großen und zu spitzen Klöppel versehen, der wie eine Lanze aus der Glocke herausragt. Die Figur wirkt zunächst hoheitsvoll, fast untauglich zum Ballett; dann aber durch das Zusammenspiel von Form und Farben harmonisch und verspielt.

Auch Salvatore Dalí konnte sich dem Zauber der Glocke nicht entziehen. Er karikierte auf unzähligen Bildern den "Angelus" von Milet. Auf dem Gemälde "Nachmittag am Rande der Europäischen Geschichte", im Jahre 1936 entstanden, haben die Glocke im Turm und die Tänzerin auf der Straße identische Formen. Ist für Dali – so könnte man bei ihm auch einige andere Bilder mit Glocken deuten - im Trubel des Geschäftigen, im Trubel des Alltags die Glocke bereits vom Turm herabgestiegen und hat sich im Alltag verloren oder wollte er ganz einfach und ohne Hintergedanken das Tänzerische der läutenden Glocke ausdrücken?

Zum jüngsten Werk dieser Reihe, von Martin Perscheid, gibt es wohl nicht viel zu kommentieren. Das "Frühe Experiment einer Techno-Party" zeigt den Widerspruch auf, den die Glocke auch ins 21. Jahrhundert mit sich trägt. Unter der Glocke tanzen Jugendliche zum Techno-Rhythmus. Für den einen sind Glockentöne störende Geräusche, für den anderen "himmlische" Klänge. Je nach Standpunkt. Wird sie erst der Rechte läuten ... oder genau so wichtig, das rechte Hören...